Wo das Homeoffice zuhause ist
Homeoffice ist das Wort der Stunde. Fast alle, die nicht in „systemrelevanten Berufen“ tätig sind, arbeiten derzeit von zu Hause, vom heimischen Schreibtisch, Sofa oder Balkon. Und fast alle staunen, wie gut das geht. In Newslettern und sozialen Medien finden sich zahlreiche Bilder, die das neue Leben dokumentieren: Bilder von Betten, auf denen das Notebook zwischen Katze und Kleinkind versteckt ist, Bilder von Zweijährigen, die auf Schreibtischen sitzen, Bilder von Hunden, Orchideen, Kochtöpfen oder Kissen, die neuerdings zum Arbeitsleben gehören. Auch aus England und den Vereinigten Staaten erreichen uns diese Newsletter und Bilder – aber etwas fehlt. Es ist das Wort „Homeoffice“. Die Kleinkinder, Katzen, Laptops sind da, aber nirgends ist die Rede von „Homeoffice“. Stattdessen arbeiten die Kolleginnen „from home“, sie arbeiten „remotely“, oder sie erwähnen „remote working“.
Man stutzt. Und schaut nach, und währenddessen fällt einem ein: Das „Home Office“ ist in Großbritannien das Innenministerium. Zwar scheint es sowohl dort als auch in den Vereinigten Staaten den Begriff „home office“ für ein kleines Heimbüro zu geben – idiomatisch jedoch in dem Sinne, wie wir das Wort benutzen, ist es nicht. Niemand in England „macht Homeoffice“.
Wir Deutschen lieben Anglizismen. Wir lieben sie so sehr, dass wir sie zur Not auch selbst erfinden: Handy, Oldtimer, Talkmaster, Beamer, Public Viewing – das sind nur wenige unserer hauseigenen Kreationen, die „native speaker“ ins Grübeln bringen. Homeoffice würde zwar noch eher verstanden als Basecap oder Smoking. Dennoch: Warum arbeiten wir nicht einfach von zu Hause?
Vielleicht, denk ich manchmal, weil niemand so richtig weiß, wie man „zu Hause“ schreibt. „Zuhause“ groß und zusammen, „zuhause“ klein und zusammen oder „zu hause“? Andererseits gilt das auch für „Homeoffice“: im Deutschen groß und zusammen. Weder „Home office“ noch „home office“. Auch nicht so einfach.
> F.A.Z., 17.04.2020