Katja Scholtz Logo

„Oft habe ich so einen Widerwillen gegen das Schreiben, dass ich lieber das Bad putze.“

Zora del Buono, Schriftstellerin

Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du?
Total unterschiedlich alles, null Selbstdisziplin leider. Was ich aber merke: Wenn ich mal wirklich geschrieben oder richtig erfolgreich recherchiert habe, bin ich abends zufriedener. Und, was ich mittlerweile auch gelernt habe: am besten morgens arbeiten.

 

Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)?
Schreiben höchstens zwei Stunden am Tag. Recherchieren, lesen etc. manchmal mehr.

 

Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)? Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als Freischaffende:r im Blick behalten musst?
Website betreut jemand anderes. Social Media ist reine Ablenkung. Recherche: siehe 2

 

Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
Es fließt alles ineinander über, mal abgesehen von den Tagen oder Wochen, in denen ich ein Manuskript Korrektur lesen muss. Dann setze ich mich hin und mache das. Sonst aber trenne ich nicht zwischen Freizeit und Arbeit. Ich denke ja während der Hundespaziergänge auch über den Text nach oder habe eine zündende Idee. Es ist ein äußerst privilegiertes Arbeiten, das weiß ich.

 

Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Eigentlich von allem. Ich habe oft so einen Widerwillen gegen das Schreiben (weil es mich unter Druck setzt), dass ich sogar lieber das Bad putze. Und im Moment fröne ich meinem neuesten Hobby: nach gebrauchten Flügeln suchen und dann durchs Land zu fahren, um sie auszuprobieren, nur um festzustellen, dass ich viel zu schlecht Klavier spiele, als dass ich sagen könnte, ob ein Flügel taugt.

 

Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Hinsetzen und anfangen. Sonst keine.

 

Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Nein, ich finde es sogar angenehm, im Café zu schreiben, lieber noch in einer Hotelhalle. Aber ich habe auch gern einen großen Rechner vor mir, wo ich mehrere Dateien (Notizen, Text) und Websites nebeneinander haben kann. Wenn ich auf den Bildschirm den Überblick habe, sortiert sich das Chaos im Kopf leichter.

 

Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Unterwegs. Aber allein.

 

Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
Es gibt leider nur eins: hinsetzen und anfangen. Dann kommt das von allein. Wenn nur das Hinsetzen einfacher wäre.

 

Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Ich habe dann wahnsinnig schlechte Laune. Schlimm ist es bei Artikeln, die ich schreiben muss, die schiebe ich missmutig vor mir her und fürchte ernsthaft, ich schaffe sie nie. Wenn ich aber unter Druck (Abgabetermin) endlich schreibe, freue mich wie ein Kind daran und jubiliere. Lese ich den Text dann viel später wieder, denke ich im besten Fall: „What? Sowas Feines habe ich geschrieben?!“ Ich kann mich an den Prozess gar nicht mehr erinnern und finde diese Prokrastination auch etwas albern, aber offenbar geht es nicht anders.

 

Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Mit Freund:innen reden. Ablenken, mit den Hunden raus. Durch die Welt ziehen, mir die echten Probleme rundum anschauen, dann wird mir schnell wieder klar, wie nichtig meine kleinen Befindlichkeiten sind.

 

Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Ich freue mich und strahle. Aber nur ganz kurz! Belohnen im Sinne von „Dann gönn ich mir was“: eigentlich nicht. Ich mache eher mal einen Frustkauf, wenn‘s nicht läuft und tue dann so, als ob es dringend notwendig gewesen wäre, diese Lampe oder Jacke oder ein neues Hundebettchen zu kaufen….

 

Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Ratgeberliteratur habe ich noch nie gelesen. Ich höre mir den Rat anderer an, wäge ab, nehme manchmal dankbar was an, vergesse es aber oft wieder oder wehre mich sogar dagegen. Daran merke ich, dass ich im Grunde genau weiß, was ich will. Aber kürzlich habe ich, nachdem ich eine Freundin vollgejammert habe, dass mir mein aktuelles Buchprojekt einfach schwachsinnig vorkommt, ihren schlichten Rat angenommen, der lautete: „Leg es weg und arbeite am anderen Buch.“ Das habe ich getan, ein Manuskript von 100 Seiten einfach weggelegt und ein anderes Buch begonnen. Und siehe da, es fließt ganz wunderbar.  Es gibt zwei Autoren, die mir aus biografischen Gründen im Hinterkopf rumspinnen, beides Männer: Max Frisch und George Perec, beide sind mir strukturelle Vorbilder.

 

Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere? Was ist die beste Form der Anerkennung?
Ich kann mit direktem Lob schlecht umgehen, lenke dann ab und rede über anderes. Aber insgeheim freue ich mich sehr. Am schönsten ist es, wenn bei einer Lesung Leute kommen, die sagen, dass ihnen der Text wirklich was bedeutet hat, weil er auch mit ihnen zu tun hat. Und natürlich freue ich mich über Preise und Anerkennungen.

 

Wovor hast du Angst?
Außer den üblichen Dingen wie Krankheit, Tod, Eingesperrtsein (Flugzeuge, steckengebliebene Fahrstühle etc.) eigentlich nicht vor viel. Ich bin schon sechzig, wenn die nächsten Bücher kein Erfolg mehr werden, ist das kein Drama. Mir war es wichtig, den Familienroman geschrieben zu haben, was danach kommt, ist nur noch ein Bonus.

 

www.zoradelbuono.de
@zoradelbuono