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„Also, den würde ich auch wirklich gerne auf Knopfdruck hervorrufen, den kreativen Flow. Irgendwie schleicht er sich immer durch die Hintertür an, das kann auch um Mitternacht sein.“

Peter Lohmeyer, Schauspieler & Maler

Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du?
Der ideale Arbeitstag sieht so aus, dass ich um 9:00 Uhr abgeholt werde vom Hotel oder von zu Hause und gegen 18:00 Uhr zurückgebracht werde. Das ist aber sehr selten, weil meine Zeiten komplett unregelmäßig sind und es quasi keinen Rhythmus gibt, denn den bestimmt der Arbeitgeber beziehungsweise der Filmproduzent. Beim Theater sieht das schon anders aus. Da sind meistens Proben zwischen 10 und 15 Uhr und dann noch mal zwischen 19 und 22 Uhr.
Ideal ist das aber auch nicht.
Was das Malen betrifft, da brauche ich Zeit und Ruhe und vor allem Lust. Zum Glück habe ich mir einen kleinen Raum geschaffen, in dem ich das machen kann – und zwar nicht zu Hause. Ich habe ein Atelier, dort mache ich mir dann meine Zufallsmusik an, die auf jeden Fall mit Element of Crime beginnt und mit Höchste Eisenbahn weitergeht bis hin zu Gisbert von Knyphausen und Bukahara!

 

Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)?
Auch das ist ganz unterschiedlich. Beim Dreh können es schon mal zwölf Stunden werden, am Theater in der Zeit der Endproben ebenfalls gerne mal zehn! Was das Malen, Schreiben, Klavierüben angeht, das hängt immer von der Lust und auch von der Konzentration ab. Das können sechs Stunden sein oder auch mal nur eine.
Im Atelier bin ich selten vor nachmittags, aber dann kann es auch schon mal sehr lange gehen, weil ich dort die Zeit vergesse. Eigentlich bin ich ein Mannschaftsspieler, aber beim Malen falle ich auf mich zurück. Und verlasse das Atelier nie ohne eine abgeschlossene Arbeit. Ob sie dann wirklich abgeschlossen ist, das stelle ich dann manchmal erst Wochen später fest.
Länger als fünf Stunden bin ich trotzdem selten im Atelier. Das ist schon fast Maximum und wird gerade auch weniger wegen eines kleinen Wunders, das mir noch mal geschehen ist.

 

Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)? Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als freischaffende:r Künstler:in im Blick behalten musst?
Da kommt schon einiges zusammen, wie viel genau, weiß ich jetzt auch nicht, man muss schon ganz schön diszipliniert sein, gerade mit dem Bürokram. Die Balance finde ich eigentlich immer, wenn ich mir klarmache, dass ich als freischaffender Künstler leben kann und nicht am Hungertuch nage.

 

Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
Wochenenden gibt es natürlich, das ist alleine schon dadurch bestimmt, dass es Menschen um mich herum gibt, die diese Wochenenden leben. Und ich tue das auch sehr gerne. Dann hat die Familie Vorrang und ich spiele Fußball, ich schaue Fußball, wir machen Ausflüge wie alle anderen… Ausnahme natürlich wieder das Theater, wo man auch mal am Samstagvormittag Probe hat oder Samstagabend und Sonntagabend Vorstellung.
Freizeit gibt es ja für mich nicht nur an den Wochenenden, Freizeit bedeutet eine gesunde Leere. Sich wirklich frei zu fühlen von allem. An nichts denken zu müssen.

 

Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Gefahr ist hier der falsche Begriff, also selbst wenn mich etwas ablenkt, sei es das politische Weltgeschehen oder die Niederlage meines Lieblingsvereins, kann das alles auch immer ein Input für meine künstlerische Kreativität sein.
Und dann sind da natürlich meine Kinder, die Sorgen um sie, die Verantwortung.

 

Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Nun ja, bei den Kindern andere Räume suchen, ist das nicht so ein Problem, da die Dreharbeiten oder Theaterproben sowieso woanders stattfinden. Nur das Textlernen, dafür muss man dann schon mal flüchten.

 

Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Also am Drehort brauche ich immer einen Platz für mich, der kann einfach sein, ein Stuhl, eine Liege, das reicht mir schon. Hauptsache, es gibt eine Tür, die ich schließen kann, und ein Fenster, durch das ich den Himmel seh. Für meine Malerei habe ich mein Atelier, und beim Textlernen kann ich auch spazieren gehen. Nur zu Hause gibt es kaum Stille, was auch okay ist.

 

Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Bei Dreharbeiten findet der wichtigste Teil immer vor Ort statt, und die Inspiration sind die Kollegen, die Regie, das Drehbuch, die Kamera. Der Austausch mit anderen Menschen. Für die Malerei sind es natürlich Ausstellungen, die ich mir anschaue, oder Fotos, die ich mache, Bilder, die ich im Alltag entdecke. Oder manchmal einfach nur die Stimmung im Atelier.

 

Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
Also, den würde ich auch wirklich gerne auf Knopfdruck hervorrufen, den kreativen Flow. Irgendwie schleicht er sich immer durch die Hintertür an, das kann auch um Mitternacht sein. Also leicht komme ich da nicht rein, aber ich bin froh, wenn er mich umschwirrt.

 

Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Na dann bin ich erst mal schlecht drauf, versuche mich abzulenken, mache irgendwelche unsinnigen Dinge oder auch sinnvolle wie Sport… Fußball zum Beispiel, wo ich mich komplett in eine andere Welt schieße und meine Erfolgserlebnisse habe, zum Beispiel durch einen herrlichen Doppelpass. Dann gucke ich ziemlich schnell nach vorne, weil ich ja weiß, was ich schon hinter mir habe, was ich kann, und versuche, nicht lange darüber nachzugrübeln.

 

Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Ja, so ein bisschen wie oben beschrieben, dann baue ich mich einfach selbst wieder auf, denke an das, was ich kann und was ich sonst noch hab im Leben, und das ist eine Menge, wenn du Familie hast!

 

Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Oja, gerne wird dann doch mal wieder eine Zigarette geraucht, was Leckeres oder Schönes gekauft, und auf jeden Fall muss er mitgeteilt werden, also der Erfolg!

 

Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Also ich hab mir schon eine Menge Bücher gekauft von berühmten Kollegen, aber gelesen habe ich sie dann doch nicht alle. Ich nehme mir den Mut aus meinem eigenen Leben.

 

Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere? Was ist die beste Form der Anerkennung?
Sehr sehr viel! Die beste Form ist wohl die Ehrlichkeit. Eine Lüge hilft dir nicht weiter. Die Kunst ist es, die Lüge zu erkennen und sie dann schnell wieder zu vergessen.

 

Wovor hast du Angst?
Die typische Angst in der Schauspielerei ist, seinen Text zu vergessen… da geht es mir wie den meisten Kolleg*innen. Außerdem hab ich Angst davor, dass die Welt implodiert… vor sonst eigentlich nix.

 

 

@peterlohmeyer
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