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„Manchmal muss man sich daran erinnern, dass man nicht Künstler geworden ist, um Preise zu gewinnen.“

Necati Öziri, Schriftsteller & Dramatiker

Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du?
Ich unterscheide zwischen kreativen Tagen (an denen ich bspw. aktiv am Roman schreibe) und Business-Tagen, an denen ich das tägliche Mail-Aufkommen (Interviews, Rechnungen, Termine) abarbeite. An kreativen Tagen habe ich keine festen Arbeitszeiten. An Businesstagen arbeite ich idealerweise einfach von 9 bis 17 Uhr.

 

Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)?
Das ist leider wirklich sehr unterschiedlich. Wenn ich in einer Schreibresidenz bin und kreativ schreibe, kann es sein, dass ich morgens anfange und bis 4 Uhr nachts durchschreibe, und an anderen Tagen arbeite ich dann wiederum nur drei bis vier Stunden lang Mails ab.

 

Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)? Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als freischaffende:r Künstler:in im Blick behalten musst?
Ich würde sagen, der Bürokram (Rechnungen stellen, Fahrten organisieren, Termine mit dem Verlag usw.) nimmt so in etwa 30 Prozent der Zeit ein. Wenn ich kreativ arbeiten will, fahre ich meistens in eine Schreibresidenz und schotte mich komplett ab.

 

Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
In Schreibphasen gibt es keine Wochenenden. Wenn ich auf Lesetour bin, auch nicht. Ansonsten versuche ich darauf zu achten, den Business-Kram nicht am Wochenende zu machen.

 

Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Mein kreatives Arbeiten wird am meisten blockiert vom Business-Alltag. Wenn ich morgens eine einzige Mail lese, komme ich für den Rest des Tages nicht mehr ins kreative Denken.

 

Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Wegfahren, Handy aus, alleine sein. Maximal lesen.

 

Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Ich brauche zum Schreiben absolute Stille, und das Wichtigste ist: In der Nähe müssen Lokale, Imbisse usw. sein, damit ich mir jederzeit schnell etwas zu essen holen kann. Einkaufen, Kochen und Essen dauert meistens einfach zu lange, und weil ich in Schreibphasen im Kopf beschäftigt bin, auch wenn ich nicht vor dem Laptop sitze, kann ich das Essen eh nicht genießen.

 

Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Beim Lesen und anschließenden Nachdenken darüber.

 

Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
Am meisten hilft mir Lesen und eine Form der Langeweile oder des Müßiggangs.

 

Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Ich finde, das sind unterschiedliche Sachen: Ideen und Erfolg. Ehrlich gesagt, ist es mir noch nie passiert, dass Ideen ausbleiben. Es stellt sich dann eher die Frage, welche Idee wirklich gut bzw. originell ist. Dann lese ich oder spreche mit anderen Künstler*innen über das Problem, das ich gerade nicht gelöst kriege. Erfolg kann trotz guter Ideen ausbleiben. Dann gilt nur: weitermachen und sich daran erinnern, dass man nicht Künstler geworden ist, um Preise zu gewinnen.

 

Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Ich glaube, ich bin bisher vom Leben ziemlich verwöhnt worden. Bisher hatte ich meistens Glück und das Gefühl, dass meine Arbeit auch wertgeschätzt wird. Trotzdem gibt es natürlich mal schlechte Kritiken oder so, aber dann muss man halt schauen, wann an der Kritik etwas dran ist und wann nicht. Und sich selbst – bei Erfolg genauso wie bei Misserfolg – immer wieder daran erinnern, warum man macht, was man macht und für wen man das eigentlich macht.

 

Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Wenn ich ein Projekt abgeschlossen habe, nehme ich mir ein paar Tage frei.

 

Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Ich vertraue auf den Rat meiner Freund*innen und anderer Künstler*innen und jener, deren Job es ist, mir kritisches Feedback zu geben (Dramaturg*innen, Lektor*innen).

 

Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere? Was ist die beste Form der Anerkennung?
Die schönste Form der Anerkennung ist, wenn die Leute das Buch gerne lesen, es sie berührt und im besten Fall ihre Wahrnehmung ändert. Gute Kritiken sind eine Sache, aber dass Menschen meine Texte gerne lesen und es etwas mit ihnen macht, bedeutet mir am meisten.

 

Wovor hast du Angst?
Dass es genauso schnell bergab geht, wie es bergauf geht.

 

 

@necatioeziri