Katja Scholtz Logo

„Inspiration ist sicher wichtig, aber vieles ist auch einfach solides Handwerk.”

Lutz Krajenski, Keyboarder & Arrangeur

Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du? Hast du feste Arbeitszeiten oder sehr unterschiedliche?
Im Prinzip ist jeder Tag anders. Lediglich meine Unterrichtstage an der Hochschule und meine „Pudeltage“ sowie, wenn es irgendwie einzurichten ist, der „tatort“-Sonntagabend sind feste Stationen in der Woche. Ansonsten sind die Tage eine wilde Mischung aus Komponieren, Produzieren, Proben, Üben, Kümmern ums Equipment und natürlich Konzerte und Studiosessions.

 

Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)? Wie viel kommt im besten Fall dabei heraus (zwei Seiten, eine Skizze, zwanzig Takte)?
Das lässt sich überhaupt nicht fassen. Mal sind es 15 Minuten, dann 15 Stunden. Manchmal kommt gar nichts heraus, nächstes Mal ein komplettes Big Band-Arrangement, dann wieder eine reparierte Hammond-Orgel. Oder 6 aufgenommene Songs mit einer meiner Bands.

 

Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)? Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als freischaffende:r Künstler:in im Blick behalten musst?
Eigentlich hört die Arbeit nie wirklich auf, ich denke, der Beruf des Musikers ist wie wahrscheinlich wenige andere extrem mit der eigenen Persönlichkeit verwoben. Da ich es selten tagsüber schaffe, erledige ich die administrativen Dinge im Internet meistens abends vor dem Fernseher. Längere Telefonate probiere ich auf Autofahrten zu legen, da dies sonst „tote Zeit“ für mich ist. Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, reise ich mit dem Zug zu Auftritten, da ich die Reisezeit gut zum Arbeiten (z.B. Noten schreiben) nutzen kann.

 

Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
An den Wochenenden sind natürlich meistens Konzerte. Ich probiere, so gut es geht, den Sonntag freizuhalten, um einen Tag lang durchzuatmen und Zeit zu haben für die Familie bzw. für den Sport im Sommer. Freizeit heißt bei mir in erster Linie Sport. Meine festen und variablen Trainingszeiten sind mir als Ausgleich zur Musik sehr wichtig.

 

Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Vom Internet.

Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Leider nein.

 

Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Ich glaube, ich kann eigentlich in fast jeder Umgebung arbeiten (und habe dies auch schon getan). Einige sehr schöne Songs und Arrangements sind auf den Hotelzimmern dieser Welt entstanden und viele Melodien fallen mir meistens beim Hundespaziergang, beim Laufen oder danach unter der Dusche ein. Auftritte hatte ich schon an den kuriosesten Orten – im strömenden Regen am Strand von Doha, auf einem FKK-Gelände (alle waren nackt außer uns Musikern), auf dem Rollfeld vom Flughafen Hannover.

 

Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Ich bin mir gar nicht sicher, ob Inspiration der wichtigste Teil meiner Arbeit ist. Sie ist sicher wichtig, aber vieles ist auch einfach solides Handwerk.

 

Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
In meinem Arbeitszimmer zu Hause schaue ich aus dem Fenster über dem Monitor direkt in den Garten. Mein Studio ist fensterlos ohne Internet und Telefonempfang. Beides ist für mich wunderbar zum Arbeiten, jedes auf seine Weise.

 

Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Auf keinen Fall irgendetwas erzwingen, sondern (wenn es die Zeit erlaubt) auf den nächsten Tag verschieben. Der Morgen ist klüger als der Abend…

 

Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Nichts.

 

Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Nein.

 

Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Nein.

 

Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere? Was ist die beste Form der Anerkennung?
Als Musikerpersönlichkeit respektiert zu werden.

 

Wovor hast du Angst?
Was den Beruf betrifft: dass irgendwann sich niemand mehr für meine Musik interessiert. Was alles andere betrifft: dass die Menschheit es nicht schafft, sich selbst und diesen wunderbaren Planeten zu retten.

 

www.lutz-krajenski.de
@lutz_krajenski