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„Ich lese im Schlafanzug erste Mails, komme vom Hundertsten ins Tausendste. Dann ist es 20 Uhr.“

Elias Hauck, Cartoonist

Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du? Hast du feste Arbeitszeiten oder sehr unterschiedliche?
Hallo erst mal! Es gibt doch einen großen Unterschied zwischen einem normalen und einem idealen Arbeitstag. Ein normaler Arbeitstag beginnt z.B. so: Ich lese im Schlafanzug erste Mails, komme vom Hundertsten ins Tausendste. Dann ist es 20 Uhr.
Ein idealer Arbeitstag beginnt so: Ich gehe joggen, dusche, trinke einen Cappuccino und lese die Tageszeitung. Danach gehe ich zu Antiquitäten Hüsken in der Mommsenstraße und lasse mir den ausgestopften Maulwurf aus der Schublade zeigen. Danach gehe ich gestärkt nach Hause und beginne mein Tagwerk. Es ist 9:30 Uhr.

 

Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)?
Im Idealfall (!) vormittags 3 Stunden, dann Mittagspause (schwimmen, Antiquitäten Hüsken) und nachmittags noch mal 5 bis 6 Stunden.

 

Wie viel kommt im besten Fall dabei heraus (zwei Seiten, eine Skizze, zwanzig Takte)?
Einen Comicstrip („Am Rande der Gesellschaft“, der wöchentlich in der FAS erscheint) kann ich in ca. 2 Stunden herstellen (inkl. Absprachen und Änderungen mit dem Frankfurter Duo-Partner Dominik Bauer). Ein Cartoon (z.B. für Cicero, Titanic, SZ) benötigt in der Regel ebenfalls 1 bis 2 Stunden. Die Trickfilme, die ich für den BR mache („Ringlstetter“ mit Hannes Ringlstetter und Caro Matzko), sind eine ganz eigene Kategorie: Skriptentwicklung 2 Stunden, Vorarbeiten / Zeichnungen 2 Stunden, Arbeit im Trickfilmstudio 3 Stunden, Endabnahme / Schnitt 3 Stunden. Ein Trickfilm (Länge durchschnittlich 1:30 min) benötigt so netto 10 Stunden Arbeit. Aus „produktionstechnischen Gründen“ finden diese Arbeiten in der Regel am Wochenende statt.

 

Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)?
Zum Glück kümmert sich Dominik Bauer rührend um unsere Social Media-Arbeit. Das ist eigentlich ein komplett eigener Job. Mittlerweile finden es Verlage leider selbstverständlich, dass die Autoren ihre Produkte in den sozialen Netzwerken selbst bewerben. Diese Entwicklung ist falsch. Die Verlage müssen für uns arbeiten, nicht umgekehrt.

 

Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als freischaffende:r Künstler:in im Blick behalten musst?
Ich habe auf YouTube die Zauberwelt der „Handpan Music“ entdeckt.

 

Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
Samstag ist Markttag! Da wird frisches Obst und Gemüse für die Woche eingekauft. Ein wichtiger Kraftort, den ich erst kürzlich entdeckt habe! Am Sonntag ist Flohmarkt ein Muss.

 

Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Ablenkungen sollte keine Gefahr darstellen. Ich versuche im Gegenteil, Ablenkungen zu finden, die mich auf eine ganz andere Fährte locken. Dass das am Ende wiederum irgendwie zu einer neuen Idee oder einem neuen Projekt führt, ist eine naturgemäße Paradoxie (über die ich nicht noch weiter nachdenken möchte).

 

Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Wie gesagt: Es gibt keine vertane Zeit, selbst der schlechteste Film hat etwas zu sagen. Auch „Bares für Rares“ kann man jeden Tag sehen.

 

Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Ich arbeite unter dem regelmäßigen Einfluss von Hörspielen, v.a. ALF und John Sinclair. Wichtig ist, dass ich die Geschichten auswendig kenne. Podcasts machen mich verrückt.

 

Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Das ist eigentlich keine Frage an einen kreativen Menschen, weil die Arbeit immer im Hintergrund mitläuft. Max Goldt wurde mal gefragt, ob er seine komischen Texte in komischer Stimmung, seine melancholischen Texte in melancholischer Stimmung schreibe, und er antwortete richtig: dass er Texte schreibt, wenn er in Arbeitsstimmung ist. Arbeit ist tatsächlich einfach nur Schreibtisch-Arbeit.

 

Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
Sport und Alkohol.
(Man beachte allerdings die Reihenfolge.)

 

Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Das kenne ich so nicht! Ich mache Vorschläge, habe Ideen, führe Ideen aus – frustrierend wird es erst dann, wenn Leute die Ideen auseinanderpflücken… oder eigene Ideen haben… Dann wird es sehr beliebig. Alle Wege führen nach Rom, aber mein Weg ist der beste.

 

Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Sinnlos zu viel Geld ausgeben.

 

Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Ich habe letzte Woche eine Designer-Lampe aus den 70er Jahren gekauft, die € 500 gekostet hat. Ich hatte noch nie so ein schönes Licht in der Wohnung.

 

Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Unbedingt! Bitte alle Bücher von Scott McCloud googeln / kaufen.

 

Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere?
Vor ein paar Wochen habe ich im Frankfurter Club Voltaire aus dem Buch „Wer war ich?“ von Ricarda Willimann gelesen, und da hat mir in der Pause ein Mann auf dem Klo gesagt: „Vielen Dank für deine Kunst.” Das hat mich mal ausnahmsweise dann doch berührt.

 

Was ist die beste Form der Anerkennung?
10 Millionen Euro.

 

Von wem würdest du gern die Antworten auf diesen Fragebogen lesen?
Von Thomas Bernhard.

 

 

@elias.hauck.2024
@hauckundbauer