„Ich hasse Frühstück und ich hasse Sport.“
Anna Nero, Bildende Künstlerin
Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du?
Ich stehe gegen 9 Uhr auf und trinke Kaffee. Ich hasse Frühstück und ich hasse Sport. Danach beantworte ich für ca. zwei Stunden E-Mails und mache anderen Bürokram, der so anfällt. Im Anschluss arbeite ich ca. sieben bis acht Stunden im Atelier.
Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)? Wie viel kommt im besten Fall dabei heraus (zwei Seiten, eine Skizze, zwanzig Takte)?
Ich würde sagen, im Idealfall acht Stunden pure Atelierzeit. Davon kann man eine Stunde Mittagessen abziehen. Es ist schwer zu sagen, was dabei herauskommt. Ich arbeite an vielen Bildern und Skulpturen gleichzeitig, und oft verwerfe ich diese aber auch. Manchmal male ich den ganzen Tag, manchmal mache ich nur einen einzigen Strich, der aber genauso wichtig ist.
Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)? Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als freischaffende:r Künstler:in im Blick behalten musst?
Ich nehme mir zwei Stunden Zeit für „Büro spielen“. Social Media mache ich nebenbei, das macht mir Spaß.
Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
Ich habe höchstens einen Tag in der Woche richtig frei, das ist meistens ein Samstag oder Sonntag.
Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Social Media sind schon eine Ablenkung. Hunger auch.
Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Ja: gute Kopfhörer und Snacks.
Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Ich höre mit meinen Noise-Cancelling-Kopfhörern Podcasts und Hörbücher. Stille vertrage ich ganz schlecht. Andere Menschen aber auch. Ich könnte z.B. beim Malen nicht quatschen oder telefonieren.
Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Der wichtigste Teil findet im Atelier statt, direkt bei der Arbeit. Ich glaube nicht an Inspiration, sondern an „Der Appetit kommt beim Essen“.
Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
Ich kann mich ganz gut selbst in diesen Zustand versetzen. Das muss ich auch, schließlich bin ich hauptberuflich Künstlerin und muss meinen Lebensunterhalt damit bestreiten.
Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Verreisen.
Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Alkohol. Nein, Spaß. Ich versuche mich darauf zu besinnen, was gut läuft.
Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Ja, manchmal, mit gutem Essen, Klamotten, Freunden und Alkohol.
Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Die Meinung anderer interessiert mich recht wenig. Aber auf ein paar meiner Kolleginnen höre ich.
Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere? Was ist die beste Form der Anerkennung?
Immer weniger. Aber wenn man ganz ehrlich ist, kann man das nie ablegen, also den Wunsch nach Anerkennung. Die beste Form ist von geschätzten Kolleginnen. Geld ist aber auch ganz nice.
Wovor hast du Angst?
Vor Krankheit und Tod. Und davor, wieder arm zu sein.