„Nur nichts erzwingen! Bloß nicht verkrampfen!“
Bettina Schipping, Bettina Schipping Grafikerin, Cartoonistin
Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du?
Da ich neben der freien Arbeit einen festen Job habe (20 Stunden/Woche), ist mein Arbeitstag fest strukturiert. Vormittags arbeite ich als Grafikerin in einer Redaktion und nachmittags frei als Cartoonistin zu Hause.
Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)? Wie viel kommt im besten Fall dabei heraus (zwei Seiten, eine Skizze, zwanzig Takte)?
Für die freie Arbeit vielleicht durchschnittlich 2 Stunden. Das ist ein Cartoon.
Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)? Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als freischaffende:r Künstler:in im Blick behalten musst?
Sehr unterschiedlich. Für Auftragsarbeiten muss ich manchmal recherchieren und lesen. Oft fliegt mir aber eine Idee einfach so zu.
Bürokram mache ich nur selten und ungern. Ebenso die Website pflegen. Da staut sich dann was an! Social Media läuft nebenher. Akquise mache ich so gut wie nie.
Kann das nicht in Stunden messen…
Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
Ich zeichne nach Bedarf und Ideenaufkommen. Daher meist auch am Wochenende. Ich unterscheide eigentlich nicht zwischen Werktagen und freien Tagen. Freizeit ist trotzdem extrem wichtig, um den Kopf frei zu bekommen.
Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Rumdaddeln
Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Nö, eigentlich nicht. Wenn ich keine Lust auf kreative Arbeit habe, mache ich was im Haushalt. Dann habe ich zumindest das Gefühl, etwas halbwegs Sinnvolles zu tun.
Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Stille und Ordnung in meinem Arbeitszimmer, kein „kreatives“ Chaos.
Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Kann alles sein und jederzeit. Durch intensives Nachdenken und lesen oder Podcasthören. Oder beim Auto- oder Radfahren. Oder zufällig im Gespräch mit anderen Leuten. Oder kurz vorm Einschlafen. Oder beim Aufwachen.
Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
Nur nichts erzwingen! Bloß nicht verkrampfen! Am besten klappt es natürlich, wenn ich richtig Lust auf einen Job oder ein Thema habe. Ansonsten: anfangen, loslegen, rumkritzeln, Brainstorming mit mir selbst.
Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Schlecht gelaunt den Griffel fallen lassen und was komplett anderes machen. Spazieren gehen, mit Freund*innen oder dem Partner treffen. In der Hoffnung, dass es zu einem anderen Zeitpunkt umso besser klappen wird.
Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Ich gebe mich dem Frust hin.
Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Eher nicht.
Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Nein. Lese keine Ratgeber. Höre (meistens) nur auf mich. Muss mein eigenes Ding machen.
Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere? Was ist die beste Form der Anerkennung?
Sehr viel! Beste Form: Sichtbarkeit, lobende Worte, Applaus und vor allem gute Bezahlung.
Wovor hast du Angst?
Dass KI die Kreativ-Branche killt.
Gibt es Dinge, die du bereust oder gern früher gewusst hättest? Was würdest du anders machen, wenn du am Anfang deiner Laufbahn stündest?
Wenn ich noch einmal am Anfang meiner Laufbahn stünde, würde ich sofort versuchen, mit dem Cartoonzeichnen durchzustarten. Ich habe sehr lange „nur“ als Grafikerin gearbeitet und mehr oder weniger im Verborgenen Bilderwitze gezeichnet. Großer Fehler.
Hat sich die Selbständigkeit ergeben, war sie notwendig oder gewollt und angestrebt? Was ist das Schöne daran, was das Schwierige?
Bin ja nicht nur selbstständig. Die Kombi ist eigentlich ganz gut. Ein bisschen Sicherheit, ein bisschen Freiheit…
www.bettinaschipping.de
@bettinaschipping