Katja Scholtz Logo

„Ich glaube, dass in meiner Branche Versuchen und Scheitern sehr viel mehr bringt als jedes theoretische Wissen.“

Maike Rasch, Drehbuchautorin

Wie sieht ein normaler oder idealer Arbeitstag für dich aus, was für einen Rhythmus hast du?
Meine Lieblingstage sind die, wenn ich von morgens bis mittags an einem Projekt arbeite, dann einen Mittagsschlaf mache, um dann am Nachmittag an einem anderen Projekt weiterzuarbeiten. Im besten Fall befinden sich die beiden Projekte in einem unterschiedlichen Stadium. Als Drehbuchautorin muss ich phasenweise ziemlich flexibel sein, da ab einem gewissen Punkt viele Gespräche mit vielen Filmteam-Menschen dazukommen bzw. auch Sachen wie Casting, Leseproben etc. stattfinden, in die ich ab und zu mit einbezogen werde. Da muss ich dann meine Schreibzeit irgendwie dazwischen wurschteln.

 

Kannst du sagen, wie viele Stunden pro Tag du im Durchschnitt netto arbeitest (schreibst, malst, übst)? Wie viel kommt im besten Fall dabei heraus (zwei Seiten, eine Skizze, zwanzig Takte)?
Die reine Schreibzeit übersteigt wohl eher nie 4-5 Stunden. Viel Zeit nehmen auch Recherche, Telefonate und Zooms mit meiner Lieblingsdramaturgin, Produzent*innen, Regisseur*innen, Co-Autor*innen und Redaktionen in Anspruch. Oder Filme und Serien ansehen. Wenn ich all diese Dinge dazu zähle, komme ich auf durchschnittlich 9 Stunden am Tag. Eigentlich gehört dazu auch noch lesen, in die Gegend starren, privat mit anderen Menschen sprechen, mein obligatorischer Mittagsschlaf… alles wichtig für meine Arbeit. Aber zählt das alles dazu?

 

Wie viele Stunden kommen durchschnittlich hinzu für „Hintergrundarbeiten“ und alles andere (Recherchen, Bürokram, Akquise, Website, Social Media)? Wie findest du die Balance zwischen all den Aufgaben, die du als freischaffende:r Künstler:in im Blick behalten musst?
Irgendwie fließt das alles ineinander, das kann ich gar nicht so genau sagen. Ich bin oft fast froh, wenn ich meine Steuern machen oder mich um meine Webseite kümmern muss. Das ist so schön produktiv, verlangt mir aber keinerlei kreativen Output ab. Und ich liebe es, To-do-Listen zu erstellen, und noch mehr, die einzelnen Punkte abzuhaken. Ich schreibe auch gerne noch nachträglich Sachen drauf, die ich schon längst erledigt habe, um sie dann direkt abhaken zu können…

 

Gibt es Wochenenden für dich? Was bedeutet Freizeit?
Wochenenden gibt es unregelmäßig, dafür kann ich mir aber in der Woche auch mal freinehmen. Da in meinem Job ab einem gewissen Punkt unheimlich viele Menschen mitsprechen, müssen häufig auch unkonventionelle Termine gefunden werden, um alle an einen Tisch zu bekommen. Mit Freizeit tue ich mich schwer. Nicht, weil ich nicht gerne nicht arbeite, aber ich bin da recht einfallslos. Vieles, was ich dann tue, dreht sich dann doch gedanklich auch wieder um die Arbeit. Ich denke, erst im Urlaub nutze ich so richtig meine Freizeit. Gleichbedeutend mit Nichtstun.

 

Was ist die größte Gefahr für dein künstlerisches Schaffen, wovon lässt du dich ablenken?
Von Alltagssorgen über Handyspiele bis hin zu einem Vogel, der vor dem Fenster sitzt. Ich bin leider wahnsinnig leicht abzulenken und jeder Anlass ist herzlich willkommen.

 

Hast du Strategien, um dich vor Ablenkungen zu schützen?
Deadlines! Und „soziale Kontrolle“. Da ich gerne pünktlich und gut abliefere, fällt mir das Fokussieren leichter, wenn ich eine Deadline habe. Oder wenn eben andere Menschen im Raum sind, die mitbekommen könnten, dass ich nicht arbeite.

 

Wie sieht deine Arbeitsumgebung aus, was ist essenziell für dich? Brauchst du zum Beispiel absolute Stille – und wenn ja, wo und wie findest du sie?
Ich habe ein sehr großes, wunderbares Arbeitszimmer zu Hause. Das ist mein Lieblingsort. Es gibt darin auch einen zweiten Schreibtisch und manchmal sitzt mein Sohn mit dabei und lernt oder zeichnet. Ich habe sehr gerne Gesellschaft beim Schreiben. Darum arbeite ich auch gerne einmal die Woche zusammen mit einem befreundeten Autor in einem (öffentlichen) Raum. In meinem Arbeitszimmer oder in der Bibliothek. Ich brauche Ruhe, aber keine Stille.

 

Wann und wo passiert der wichtigste Teil der Arbeit, wo findest du die größte Inspiration? Bei der Arbeit am Schreibtisch oder zufällig – unterwegs, in der Entspannung, auf Reisen, beim Lesen, im Austausch mit anderen Menschen?
Definitiv am Schreibtisch. Natürlich kommen Anfangsideen, Dialogschnipsel oder Spielorte auch zu mir, wenn ich unterwegs bin oder mit Menschen spreche. Aber die eigentlich Arbeit passiert beim Schreiben selbst.

 

Wie oft oder leicht kommst du in einen kreativen „Flow“, und was hilft dir am meisten, um diesen Zustand zu erreichen?
Leider auch Deadlines! Oder ich stehe um 4:30 Uhr auf, setze mich im Schlafanzug an den Schreibtisch und fange direkt an zu schreiben, bevor mein Gehirn richtig funktioniert. Damit konnte ich mich bislang noch immer überlisten. Dann schreibe ich oft viele Stunden am Stück.

 

Was machst du, wenn nichts klappt – wenn Ideen oder Erfolg ausbleiben oder wenn dir nicht das gelingt, was du dir vorgenommen hast?
Schlafen. Mein absolutes Allheilmittel. Und Langeweile. Und wenn das nicht hilft, dann Musik hören, Filme, Bücher, Bilder ansehen und den Drang verspüren, auch wieder „schaffend“ tätig sein zu wollen. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass ich nicht jede Idee alleine haben muss, ich muss sie nur besser aufschreiben können.

 

Was hilft dir, wenn dein Selbstvertrauen angeschlagen ist (z.B. wegen schlechter Auftragslage, schlechter Kritiken, finanzieller Flaute, schlechter Stimmung)?
Schwierig, oft hilft nur aushalten und Zeit vergehen lassen. Alles verblasst irgendwann. Aber ich muss mich schon konkret mit diesen Dingen auseinandersetzen, sonst kann ich in ein sehr tiefes, dunkles Loch fallen. Ich wünschte, dass mir Lob und Zuspruch von meinem Mann und Freund*innen mehr helfen würde, aber in Wahrheit brauche ich oft neue Erfolgserlebnisse, um mich (beruflich) wieder gut zu fühlen.

 

Belohnst du dich, wenn du etwas geschafft, ein bestimmtes Ziel erreicht hast?
Jedes Mal aufs Neue sage ich mir: „Wenn du das jetzt abgegeben/abgedreht/abgeschlossen hast, dann belohnst du dich mal richtig.“ Damit meine ich in erster Linie, mir irgendetwas Besonderes zu kaufen. Klappt eigentlich nie. Nicht, weil ich es mir nicht gönne, sondern mir fällt dann einfach nichts ein. Ich bin wahnsinnig unkreativ, wenn es darum geht, mich selbst zu belohnen. Ich beschenke dann oft meinen Sohn. Holy, ich weiß… aber ich finde es herrlich, dass ich mir das dann leisten kann.

 

Vertraust du auf den Rat anderer oder auf Ratgeber-Literatur? Gibt es Bücher, die dir geholfen haben, Mut zu finden auf deinem künstlerischen Weg?
Nein, ich habe eine Vielzahl von Ratgebern oder How-to-Büchern angefangen zu lesen, aber ich bin viel zu ungeduldig und auch zu schnell gelangweilt, um sie zu Ende zu bringen. Ich glaube, dass in meiner Branche Versuchen und Scheitern sehr viel mehr bringt als jedes theoretische Wissen. Sometimes you win – sometimes you learn.

 

Wie viel bedeutet die Anerkennung deiner Kunst durch andere? Was ist die beste Form der Anerkennung?
Natürlich möchte ich, dass andere die Filme und Serien, die ich schreibe, toll finden. Ich freue ich mich sehr über Lob und Applaus. Geld und neue Aufträge sind für mich aber auch eine sehr willkommene Form der Anerkennung.

 

Wovor hast du Angst?
Beruflich war ich schon immer ziemlich angstfrei. Meine Ängste sind eher privater Natur.

 

 

@raschmaike
www.maikerasch.com